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Die Schauspielerin Eva Habermann im Interview
Wie wird man Schauspielerin bzw. Schauspieler und was sollte man zu diesem Berufsbild generell wissen? Hierzu haben wir die Schauspielerin Eva Habermann befragt.
Wie verlief Ihre Berufsorientierung damals während oder nach der Schulzeit?
Wir hatten in der Oberstufe maximal 1-2 Tage zu dem Thema Berufsorientierung. Also von einer wirklichen intensiven Orientierung kann man da nicht sprechen. Die Lehrer meinten alle, ich solle doch etwas Akademisches machen, Rechtsanwältin oder Forscherin, weil ich in allen Fächern extrem gut war. Sie fanden es schade, wenn ich meine Intelligenz in der Schauspielbranche „vergeude“. Aber ich liebte es schon damals zu spielen und war in der Theater-AG. Ich wusste einfach sehr früh, dass ich einen Beruf wollte, der in erster Linie Spaß macht und nicht, was meine Lehrer oder Eltern meinten.
Was war der ausschlaggebende Moment, in dem Sie wussten, dass die Schauspielerei Ihr Beruf sein würde?
Ich hatte das Glück, schon sehr früh zu wissen, was ich machen will. Seit meinem 14. Lebensjahr habe ich Schauspiel- und Sprechunterricht genommen, weil es mein erklärtes Ziel war, Schauspielerin zu werden. Der Plan war auch, auf eine Schauspielschule zu gehen, aber 1995 ging es für mich wirklich von null auf hundert, da ich in den Jahren 1990-1994 bereits einiges gelernt hatte. Der ausschlaggebende Moment lag wahrscheinlich schon in meiner Kindheit, als ich eine kleine Rolle in einer Kinderserie spielen durfte, was mich sehr beeindruckt hat. Besonders faszinierte mich als 5-Jährige, dass die Beleuchter am Set Mickey Mouse lasen. Die Techniker/Beleuchter sind bis heute die entspanntesten Teammitglieder.
Was raten Sie jungen Menschen, die eine Karriere in der Schauspielerei anstreben?
Es gibt unendlich viele Tipps, die ich geben kann, und viele Warnungen, die ich aussprechen möchte:
Werdet Schauspieler*in aus den richtigen Gründen. Berühmt zu sein ist wirklich nicht erstrebenswert. Meine Erfüllung liegt darin, Figuren und Geschichten zum Leben zu erwecken, Menschen zu begeistern und mitzureißen und ihnen, z. B. wenn ich auf der Bühne stehe, einen entspannenden und lustigen Abend zu bereiten. Es geht nicht um mich, sondern um die Message und das, was ich im Zuschauer auslöse. Ich bereue es im Nachhinein etwas, nie eine Schauspielschule von innen gesehen zu haben – und das, obwohl ich auf der Theaterbühne gut bin.
Aber nach 31 Jahren in der Branche sollte man keinen Unterschied mehr merken zwischen einer Theaterausbildung oder nicht, doch ich höre von anderen Schauspielern immer wieder, dass die Schauspielschule sie im Wesentlichen geformt hat. Sie haben sich selbst besser kennengelernt und durften im Lernprozess auch Fehler machen.
Als ich mit 18 als „Profi“ am Set war und gerade mein Abitur gemacht hatte, war ich als Mensch noch nicht gereift. Die Unerfahrenheit in Kombination mit dem Gefühl, sich noch nicht bereit zu fühlen, war belastend für die Psyche. Ich hätte gerne mehr Zeit gehabt, um zu reifen. Also rate ich euch, zuerst eine Schauspielschule zu besuchen und euch auszuprobieren.
Welche Rolle spielt Schulwissen für eine erfolgreiche Karriere?
Das kommt darauf an, wie viel man vom Schulwissen behält und wie ernst man die Schule nimmt. Ich sah Schule immer als Chance, so viel wie möglich über die Welt zu lernen, da ich immer neugierig und offen war. Ich habe in der Schule gelernt, wie man lernt. Das schnelle Einprägen und Verstehen hilft mir als Schauspielerin sehr. Schulwissen, gut vermittelt von engagierten Lehrern, zeigte mir, was meine Stärken sind. Später im Beruf wird man sich nie wieder so vielseitig mit Themen beschäftigen wie in der Schule. Nutzt dieses Wissen, denn es ist kostbar.
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Welche außerschulischen Stärken sind für eine berufliche Entwicklung wichtig?
Meine absoluten Stärken sind Organisation, Kreativität und Willenskraft. Aber jeder Mensch ist anders. Für jede berufliche Entwicklung braucht man Antrieb, Neugier, selbstständiges Lernen, Fleiß und die Fähigkeit, nicht gleich aufzugeben, wenn etwas nicht klappt. Bleibt dran, bildet euch weiter und gebt nicht auf. Die Welt ist kein Ponyhof, aber man hat Einfluss auf sein Leben, indem man sich weiterbildet, die richtigen Entscheidungen trifft und aus den falschen lernt. Eure Zukunft liegt in eurer Hand – unterschätzt das nie.
Welche Schattenseiten bringt Ihr Beruf manchmal mit sich?
Bitte glaubt nie, dass man als Schauspieler*in automatisch geliebt wird und alle einen toll finden. Es gibt mehr Hater als Bewunderer. Traut niemandem in der Branche; seid lieber übervorsichtig als zu naiv. Sucht euch gerade in jungen Jahren einen Agenten, der euch berät und beschützt. Man muss verstehen, dass es nicht an einem selbst liegt, wenn man beim Casting nicht besetzt wird (außer, man war komplett unvorbereitet). Caster suchen oft nach einem bestimmten Typ. Wenn du nicht in deren Vorstellung passt, wird jemand anderes besetzt – es sei denn, du überraschst mit einer neuen Interpretation der Rolle. Bereitet euch auf viele „Neins“ und Absagen vor, aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Wie verändert digitale Technologie Ihren Beruf aktuell und in der Zukunft?
Früher, als noch auf echtem Filmmaterial gedreht wurde, war alles schwieriger, weil Filmrollen teuer waren. Heute kann man 10 Takes machen, ohne Mehrkosten – allerdings wäre das nicht zielführend, da auch im TV gespart werden muss. Und Zeit ist Geld. Es ist praktisch, immer erreichbar zu sein, aber wenn ich meine Ruhe will, schalte ich mein Handy in den Flugmodus. Am Set oder während einer Vorstellung ist es komplett aus, um nicht gestört zu werden. Künstliche Intelligenz wie ChatGPT finde ich nützlich für unkreative Aufgaben, wie das Schreiben von Briefen oder Kündigungen. Kreativität kann es aber nicht ersetzen, da es sich am Durchschnitt orientiert. Texte, die nur von einer KI erzeugt wurden, erkennt man oft daran, dass ihnen die Seele fehlt. Ich bin gespannt, was noch kommt, aber ich werde flexibel damit umgehen.
Welche Rolle spielt Networking in Ihrem Beruf?
Networking ist in jedem Beruf das A und O. Je mehr Kontakte man hat, desto leichter findet man Antworten und Lösungen. Ich tausche mich gerne aus und verlasse mich bei der Suche nach Jobs auf Empfehlungen. Als Schauspielerin ist Networking extrem wichtig. Besonders als Frau muss man schnell unterscheiden, wer echtes Interesse hat und wer nur an einem als Frau interessiert ist. Ich baue mein Netzwerk mit weiblichen Produzentinnen aus, da ich dort nicht befürchten muss, dass jemand versucht, mich in ein Hotelzimmer zu locken.
Welche generellen Tipps haben Sie für junge Leute beim Thema Berufsorientierung
Finde heraus, was dir wirklich Spaß macht. Was inspiriert dich? Willst du das dein Leben lang machen oder erfüllst du nur die Erwartungen deiner Eltern? Sei fleißig. Im Gegensatz zur Schule gibt es im Berufsleben kein „alle werden mitgenommen“ oder ein Wiederholen. Du musst dranbleiben. Je näher deine Bestimmung deinem Beruf kommt, desto besser. Die Kombination aus Leidenschaft, Disziplin und Willenskraft hat mich am weitesten gebracht.
Veröffentlicht am 14.11.2024
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