Interview mit Antonia Pröls

Wie kann die individuelle Berufsorientierung ablaufen, wenn man sich besonders für digitale Welten interessiert? Wir haben hierzu Antonia Pröls befragt, die überaus erfolgreich eine digitale Karriere verfolgt.

Unser Blog beschäftigt sich mit dem Thema Berufs- und Studienorientierung. Welche beruflichen Ziele hatten Sie während der Schulzeit? Wie verlief dann rückblickend Ihre Berufs- und Studienorientierung?

Während meiner Schulzeit wechselten meine Berufsvorstellungen häufig - mal war es Notarin, dann wieder Kunstlehrerin und ein anderes Mal Modedesignerin. Besonders ausgeprägt waren diese Berufswünsche allerdings nicht und meistens auch davon beeinflusst, was mir gerade in der Schule gut gefiel oder was meine Eltern mir einzureden versuchten. So kam es auch, dass sich meine Mutter während meiner Oberstufenzeit mehr mit meiner Berufswahl beschäftigte, als ich mich selbst. Sie brachte mich damals über einen Zeitungsartikel auf den Studiengang Kulturwirtschaft in Passau, den ich mir dann nach einem Praktikum beim Kulturamt meiner Heimatstadt ganz gut vorstellen konnte. Während meines Auslandsjahrs nach dem Abi schmiedete ich mit meiner besten Freundin, mit der ich damals auf Weltreise war, den Plan, zusammen nach Regensburg zu ziehen. Dort gab es einen sehr ähnlichen Studiengang, nämlich Vergleichende Kulturwissenschaft, für den ich mich dann letztlich entschieden habe. 

Das Berufsziel, das ich jetzt anstrebe, hat sich erst im Laufe meines Studiums ergeben. Noch zu Schulzeiten startete ich zum Spaß einen DIY-Blog und bekam irgendwann mit, dass man vom Bloggen auch hauptberuflich leben konnte. Selbstständige DIY-Bloggerin zu sein wurde dann erst leise und heimlich, im Laufe meines Studiums immer lauter und offener zu meinem Traumberuf.

Warum haben Sie sich für das Studium und den gewählten Studiengang entschieden und beispielsweise nicht für eine Ausbildung?

Eine Ausbildung stand für mich tatsächlich während meiner Modedesign-Phase zur Debatte. Ich wollte zuerst eine Ausbildung zur Schneiderin machen und dann weiter Design bzw. Mode- und Textilmanagement studieren. Allerdings entschied ich mich letztlich dagegen, da mir klar wurde, dass ich in meiner Kreativität frei sein und nicht „auf Knopfdruck“ entwerfen wollte. Weil mir also keine bessere Alternative einfiel und mir die oben genannte Idee von Kulturwirtschaft ganz plausibel erschien, habe ich mich dafür entschieden. Dass ich irgendwann studieren wollte, stand für mich allerdings zu jeder Zeit fest, da ich mich nicht gleich in die „ernste“ Arbeitswelt hineinstürzen wollte.

Wie hat der Beginn des Studiums Ihre Berufs- und Studienorientierung geprägt bzw. verändert? Waren Sie mit dem Entschluss zufrieden?

Mein Studium der Vergleichenden Kulturwissenschaft hat mich nach den Aufbaumodulen, als wir tiefer in die Materie eingestiegen sind, so richtig gepackt und es macht mir Spaß, eigene Forschungsvorhaben durchzuführen - sonst würde ich mich jetzt auch nicht schon im Master der VKW wiederfinden. Durch mein Studium habe ich vor allem gelernt, mich schnell in unterschiedlichste Themenfelder einzuarbeiten, ein breites Grundverständnis für historische und gegenwärtige kulturelle Prozesse und Phänomene aufzubauen, offen auf Menschen zuzugehen und schnell eine Vertrauensbasis mit fremden Menschen zu generieren. Außerdem habe ich durch mein Studium gelernt, meine Ziele und Vorstellungen für mein Leben zu definieren und meinen eigenen Weg zu gehen. Meine Berufsorientierung festigte sich eher durch meine Aktivitäten neben dem Studium, z. B. als Workshopleitung von DIY-Kursen, und das Aufbauen meiner Aktivität als DIY-Bloggerin, wodurch ich immer deutlicher merkte, dass mein Blog das Potenzial bieten könnte, davon irgendwann selbstständig zu leben.

Welche Ihrer generellen beruflichen Stärken passen sehr gut zu Ihrer aktuellen beruflichen Spezialisierung im Social Web?

  • Erfahrung mit Fotografie, Bildbearbeitung, Grafikdesign und Videoproduktion

  • Selbstorganisation, Planung und Eigeninitiative

  • Kreativität und Innovation

  • Kommunikationsfähigkeit (im Umgang mit der Community und Kund*innen)

  • Offenheit für Abwechslung

Auch wenn jeder Schüler, jede Schülerin den eigenen Weg finden soll: Welche allgemeinen Tipps möchten Sie jungen Leuten bei der Berufs- und Studienorientierung mit auf den Weg geben?

Zuallererst möchte ich euch mit auf den Weg geben: es ist völlig normal, nach der Schule noch nicht so genau zu wissen, wohin man möchte. Und es ist auch völlig ok, eine Ausbildung oder ein Studium anzufangen und wenn man sich darin einfach nicht wiederfindet und unglücklich ist, das Ganze abzubrechen und etwas Neues zu beginnen. Rückblickend sind das dann vielleicht ein oder zwei Jahre, die man länger studiert hat. Wenn ihr noch nicht genau wisst, in welchem Bereich ihr arbeiten möchtet, sucht euch ein eher allgemein angelegtes Studium wie z. B. BWL oder Geistes- bzw. Humanwissenschaften. Über außercurriculare Aktivitäten neben dem Studium wie z. B. Praktika oder das Engagement in einem Verein könnt ihr euch besser über euren Berufswunsch klarwerden, entdeckt viele eurer Stärken und lernt vielleicht sogar ganz neue Berufsfelder kennen, an die ihr während der Schulzeit noch gar nicht gedacht habt.

Gibt es bei Ihnen einen beruflichen Plan B, falls Ihre digitalen Accounts irgendwann nicht mehr erfolgreich sind?

In gewisser Hinsicht schon, das ist auch der Grund, warum ich gerade noch meinen Master in Kulturwissenschaft absolviere. Je höher der Abschluss, desto besser die Chancen, im Fall der Fälle eine andere Option für mich zu finden, die mir auch Spaß macht, denke ich. Ich kann mir durchaus sehr gut vorstellen, weiterhin im Bereich Social Media oder Content Creation tätig zu sein, nur eben vielleicht nicht als Selbstständige, sondern für ein anderes Unternehmen. Auch die Arbeit in der Pressestelle oder Marketing-Abteilung z. B. einer NGO oder eines Start-Ups im Bereich Nachhaltigkeit kann ich mir gut vorstellen. Durch meine Aktivitäten neben dem Studium bin ich meiner Meinung nach ziemlich breit aufgestellt und habe keine Sorgen, keinen Plan B zu finden.

Veröffentlicht am 29.12.2020


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