Mein Weg zum dualen Studium
Ein Gastbeitrag von Markus Vogel
Spätestens in der Oberstufe machen sich Schüler Gedanken darüber, was sie später mal werden möchten. Sie fragen sich, ob sie ein Orientierungsjahr (FSJ, FÖJ etc.), ein Auslandsjahr, eine Ausbildung machen oder direkt nach dem Abitur studieren sollen? Ich besuchte Fachmessen, fragte Freunde und Bekannte, kurzum, ich machte mir umfangreiche Gedanken. Schließlich ist dies der Zeitpunkt, an welchem die Weiche für den nächsten größeren Lebensabschnitt gestellt wird.
Die erste Station: Schülerpraktikum
In der 10. Klasse habe ich für mein Schülerpraktikum einen Betrieb gewählt, der Praktikumsplätze für verschiedene technische Ausbildungsplätze anbot. In den 10 Tagen des Praktikums konnte ich etwas über die Inhalte einzelner Ausbildungsplätze erfahren und kam u. a. mit Azubis ins Gespräch. In der Metallverarbeitung durfte ich fräsen, drehen und bohren. Es entstand ein Erinnerungsstück, welches seinen Platz auf meinem Schreibtisch gefunden hat. Besonders spannend war die Bedienung der CNC-Maschine. Außerdem habe ich pneumatische Schaltungen sowie Hausinstallationsschaltungen aufbauen können.
Das Praktikum hat mir gezeigt, dass ich mir eine Tätigkeit im technischen Bereich sehr gut vorstellen kann. Zudem hatte ich immer schon ein Interesse für Naturwissenschaften, weshalb ich bewusst den Mathematik und Physik LK belegte. Beim Praktikum hat mich besonders der elektrische Teil begeistert und mir wurde deutlich, dass ein duales Studium der Fachrichtung Elektrotechnik, welches neben der Theorie, Einblicke in die Praxis und den Berufsalltag gibt, zu mir passen könnte.
Die nächste Station: Informieren und weitere praktische Erfahrungen sammeln
Nach dieser Erfahrung erkundigte ich mich nach Firmen in der Region und deren Voraussetzungen und Angebote im Hinblick auf duale Studiengänge. Informationen hierzu sind auf Ausbildungs- und Studienmessen, im Internet oder über die Agentur für Arbeit zu finden.
Dabei bin ich auf Bombardier Transportation gestoßen, die ihren Hauptsitz in Berlin, u. a. mit einem Produktions- und Entwicklungsstandort in Hennigsdorf, haben. Bombardier Transportation ist ein weltweiter Anbieter in der Schienenverkehrstechnologie, baut U-Bahnen, Regional- und Nahverkehrszüge, Straßen- und Stadtbahnen, ein- und doppelstöckige Züge sowie Lokomotiven und Hochgeschwindigkeitszüge. Das Produktportfolio umfasst die Konstruktion und Fertigung von kompletten Schienenfahrzeugen und von einzelnen Komponenten. Darüber hinaus werden Service- und Engineering-Leistungen sowie Bahnsteuerungssysteme angeboten. Über 100.000 Schienenfahrzeuge von Bombardier sind rund um den Globus unterwegs.
Im Werk Hennigsdorf habe ich in den Osterferien 2015 ein freiwilliges, zweiwöchiges Praktikum gemacht, um weitere Einblicke in meinen Wunschstudiengang zu bekommen. Vor Ort arbeitete ich mehrere Tage mit einer Ingenieurin zusammen, die ein duales Studium der Fachrichtung Industrielle Elektrotechnik bei Bombardier Transportation abgeschlossen hatte und konnte so Erkenntnisse aus erster Hand erfahren. Nach Anleitung durfte ich eigenständig verschiedene Szenarien im Bereich Passenger Information System durchtesten. Beispielsweise wurde der ordnungsgemäße Ablauf von Information auf der Außen- und Innenanzeige sowie Durchsagen getestet. An einem Tag besuchte ich ein Meeting, in dem der Fortschritt eines laufenden Projektes mit Projektmanagern aus den Bereichen Testing und Entwicklung besprochen wurde. Zudem durfte ich ein Rack nach einem vorgegebenen Stromlaufplan verdrahten. Auf einem Rack befinden sich Komponenten, welche später im Zug zur Steuerung eingesetzt werden. Das Rack wird zum Testen der Software-Hardware Interaktion verwendet. Als persönlichen Höhepunkt empfand ich den Fahrzeugtest mit einem Nahverkehrstriebwagen mit der Produktbezeichnung TALENT 2 auf der werkseigenen 4 km langen Teststrecke zwischen Hennigsdorf und Velten. Bei dieser Fahrt wurde die Länderumschaltung zwischen Österreich (ÖBB - Österreichische Bundesbahn) und Deutschland (DB) getestet. Am Testzug waren einige Verkleidungen offen, was mich besonders faszinierte, da ich so z. B. einen Einblick in die Luftfederung oder die Steuerleitungen erhielt. Bei diesem Praktikum erlebte ich, dass der Austausch in Englisch zu einem internationalen Unternehmen dazugehört. Ich arbeitete gemeinsam mit einem spanischen Praktikanten und indischen Mitarbeitern.
Dieses freiwillige Praktikum hat mich sehr in meiner Studienwahl bestärkt und mich von diesem Betrieb positiv überzeugt. Daher kann ich jedem empfehlen mehrere Praktika zu machen, da dies die Entscheidung für die Berufswahl unterstützt. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass Angebote wie der Girls- bzw. Boys-Day, Sommerakademien wie Humboldt auf Scharfenberg oder die Sommeruni, die z. B. von der FU Berlin angeboten wird, weitere Erfahrungen und jede Menge Spaß bieten. Auch an verschiedenen Universitäten in anderen Städten, wie z. B. in Magdeburg werden Sommercamps angeboten. An der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, konnte ich beim Sommercamp einzelne Vorlesungen besuchen und so unterschiedliche MINT Studiengänge (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) kennenlernen.
Weitere Stationen: Bewerbungs-Vorbereitung
Während meines Praktikums hatte ich mich bereits erkundigt, wie der Bewerbungsprozess bei Bombardier abläuft. Er besteht aus einer schriftlichen Bewerbung mit Anschreiben und tabellarischen Lebenslauf, einem Assessmentcenter mit schriftlichem Test und einem Vorstellungsgespräch. Oft beginnt der Bewerbungsprozess für duale Studiengänge ein Jahr vor Studienbeginn. Bei Bombardier Transportation habe ich mich im September 2015 beworben.
Um mich zu informieren, besuchte ich den Bewerbertag des Tagesspiegels und hörte mir Vorträge zu diesen Themen an. Über einen Vertreter der Bundesagentur für Arbeit kam ich auf die Initiative BOB (Berufsorientierung und Bewerbung in der Sekundarstufe II), welche als Tagesveranstaltungen Auswahlverfahren simulieren. Diese Veranstaltung wird an vielen Gymnasien und bei der Arbeitsagentur angeboten. An meiner Schule gab es das Angebot nicht. Glücklicherweise durfte ich bei einer anderen Schule teilnehmen. Der kleine Nebeneffekt war, dass die Schüler mir unbekannt waren. Dieser Tag hat mir geholfen, den Auswahltyp Assessmentcenter kennen zu lernen.
Mein richtiger Auswahltag bei Bombardier war letztendlich anders aufgebaut, dennoch bekam ich durch BOB eine gute Orientierung und Sicherheit. Über die Zusage für meinen Studienplatz im Dezember 2015 habe ich mich riesig gefreut.
Und jetzt?
Seit Oktober 2016 studiere ich an der HWR Berlin und bin gerade im 2. Semester. Mit der Studienwahl bin ich ausgesprochen zufrieden. Ich schätze die übersichtliche Lerngruppe und die Kombination aus Theorie und Praxis. In meiner letzten Praxisphase habe ich handwerkliche Grundfertigkeiten eines Elektrikers erlernt. Meine nächste Praxisphase werde ich im Betrieb in der Vor-/Endmontage verbringen. Sehr gerne möchte ich eine spätere Praxisphase im Ausland absolvieren.
Was zeichnet das duale Studium aus?
Das duale Studium ist ein Intensivprogramm, bei dem das Wissen kompakt vermittelt wird. In der vorlesungsfreien Zeit im Betrieb wird dieses theoretische Wissen zusätzlich praktisch vertieft. Für die Ingenieurstätigkeit ist dieses anwendungsorientierte Studium (Industrielle Elektrotechnik) eine gute Voraussetzung, um einsatzfähige technische Lösungen entwickeln zu können. Bei Bombardier Transportation habe ich während des Studiums die Möglichkeit, in verschiedenen Bereichen Erfahrungen zu sammeln, bekomme Einblicke in die Produktion und bin in den Arbeitsalltag integriert.
Zu Beginn musste ich mich beim Übergang von der Schule an die Hochschule auf die neue Situation einstellen. Im Laufe der Zeit habe ich mich an das Pendeln von Spandau nach Lichtenberg und die andere Form des Unterrichts an der Hochschule gewöhnt. Bei Bombardier Transportation wurden wir Auszubildenden und duale Studenten des Ausbildungsjahres 2016, sieben duale Studenten der Fachrichtungen Industrielle Elektrotechnik (4), Informatik (1) und Maschinenbau (2) sowie achtzehn Azubis der Berufe Lackierer (2), Industriemechaniker (3), Fachkraft Metall (1), Elektroniker für Betriebstechnik (3) und Mechatroniker (9), sehr gut eingeführt. Gemeinsam verbrachten wir fünf Einführungstage. Wir lernten einander besser kennen und haben das Werksgelände durch einen Orientierungslauf erkundet. Der Betriebsrat, die Jugendausbildungsvertretung sowie einige Abteilungsleiter berichteten von ihren Aufgaben und ihrer Arbeit.
Das duale Studium ist sehr zeitintensiv, dennoch bin ich der Meinung, für mich die richtige Wahl getroffen zu haben. Durch mein Zeitmanagement und Disziplin kann ich weiterhin meinen Hobbies nachgehen. Nebenbei spiele ich im Orchester, paddle und fotografiere. Somit schaffe ich mir einen Ausgleich zum Studium und halte mich körperlich und kognitiv fit.
Veröffentlicht am 27.06.2017
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